Amerika sanktioniert Europa, ohne zu sagen wen, warum genau – aber mit ganz viel Empörung

Ich sage es gleich zu Beginn, laut, deutlich und mit der moralischen Überlegenheit eines Mannes, der Twitter immer noch Twitter nennt: Europa zensiert. Ganz schlimm. Organisiert. Systematisch. Mit Ideologen. Und jetzt ist Schluss damit. Endlich. Die USA greifen durch – mit Sanktionen gegen Menschen, deren Namen wir nicht kennen, aus Ländern, die wir nicht nennen, wegen Dingen, die wir nicht genauer erklären. Das nenne ich Außenpolitik auf Weltklasseniveau.
Die Trump-Regierung – sehr entschlossen, sehr freiheitsliebend – verhängt Einreiseverbote. Einreiseverbote! Das ist die schärfste Waffe der Demokratie. Wer nicht rein darf, hat verloren. Besonders wirkungsvoll, wenn niemand weiß, wer genau betroffen ist. Das erzeugt Angst. Und Verwirrung. Und das ist bekanntlich der erste Schritt zur Freiheit.
Das Außenministerium sagt: Es geht um angebliche Zensur amerikanischer Plattformen. Angeblich! Ein großartiges Wort. Es lässt alles offen und nichts beweisen. Perfekt. Wer braucht Fakten, wenn man Gefühle hat?
Außenminister Marco Rubio tritt auf X – natürlich auf X, wo sonst – und sagt: Europa zwinge amerikanische Plattformen, amerikanische Standpunkte zu bestrafen, die Europa nicht gefallen. Das ist ein Angriff. Auf Amerika. Auf Freiheit. Auf das Recht, alles zu sagen, jederzeit, überall, ohne Konsequenzen.
Ich bekomme Gänsehaut. Wirklich.
Europa. Dieser Kontinent mit Regeln. Mit Datenschutz. Mit Dingen wie „Gesetze“. Ganz schlimm. Viel zu lange hätten dort Ideologen die Führung übernommen, sagt Rubio. Ideologen! Das klingt gefährlich. Fast so gefährlich wie Menschen, die Texte lesen, bevor sie sie löschen.
Und jetzt kommt der Höhepunkt: Fünf Betroffene. Fünf! Nicht vier. Nicht sechs. Fünf. Eine Zahl mit Autorität. Wer diese fünf sind? Geheim. Woher sie kommen? Geheim. Was sie genau getan haben? Naja… organisiert. Instrumentalisiert. Aktivistisch. Das reicht.
Sie sollen versucht haben, amerikanische Plattformen zu zwingen, amerikanische Standpunkte zu unterdrücken. Welche Standpunkte? Keine Ahnung. Aber es waren amerikanische. Und das allein macht sie schützenswert.
Ich stelle mir diese fünf Personen vor. Sitzen irgendwo in Europa. Trinken Kaffee. Lesen Richtlinien. Und plötzlich – Sanktion! Kein Amerika mehr. Kein Burger. Kein Roadtrip. Kein Outlet-Shopping. Das wird sie lehren.
Und das Beste: Auf Nachfrage gibt es keine Details. Das Ministerium sagt nichts. Gar nichts. Transparenz durch Schweigen. Sehr modern. Sehr effizient.
Das ist wie ein Krimi ohne Täter, ohne Tat, ohne Tatort – aber mit sehr viel Pressemitteilung.
Natürlich sagt man: Es geht um „radikale Aktivisten“ und „instrumentalisierte NGOs“. Instrumentalisiert! Ich liebe dieses Wort. Es bedeutet alles und nichts. Es bedeutet: „Wir finden sie doof.“ Und das reicht.
NGOs sind ohnehin verdächtig. Sie heißen nicht Regierung, haben aber Meinungen. Sehr gefährlich. Wenn NGOs anfangen, Plattformen zu beeinflussen, dann ist die Demokratie in Gefahr. Außer natürlich, es sind amerikanische NGOs. Die sind patriotisch.
Ich sage: Das ist der große Kampf unserer Zeit. Nicht Krieg. Nicht Klima. Nicht Wirtschaft. Content-Moderation. Der wahre Schlachtfeld ist der Kommentarbereich.
Europa sagt: „Das verstößt gegen unsere Regeln.“
Amerika sagt: „Das verstößt gegen unsere Gefühle.“
Und Gefühle gewinnen. Immer.
Natürlich könnte man sagen: Vielleicht geht es bei manchen Inhalten um Hass, Desinformation oder Aufrufe zur Gewalt. Aber das ist europäisches Denken. Sehr gefährlich. In Amerika nennt man das: Meinung.
Und jetzt werden Visa entzogen. Einreise verboten. Wegen Zensur. Das ist ironisch. Sehr ironisch. Aber Ironie ist auch nur eine Meinung – und die ist erlaubt.
Ich stelle mir den Grenzbeamten vor:
„Grund Ihrer Einreise?“
„Urlaub.“
„Moment… Sie sind einer der Fünf.“
„Der Fünf?“
„Ja. Sie wissen schon. Zensur.“
„Aber ich…“
„Zurück nach Europa.“
So funktioniert Freiheit.
Am Ende bleibt festzuhalten: Amerika verteidigt die Meinungsfreiheit – indem es Menschen ausschließt. Europa verteidigt Regeln – indem es Inhalte löscht. Beide sind überzeugt, recht zu haben. Und beide schreiben sehr lange Erklärungen, ohne konkret zu werden.
Ich sage: Das ist Politik im digitalen Zeitalter. Viel Symbolik. Wenig Details. Und ganz viel Empörung auf X.
Make Meinungsfreiheit wieder grenzenlos.
Make Sanktionen wieder geheimnisvoll.
Und vor allem: Make Europa wieder nervös.


