Das Bundesverfassungsgericht – jetzt auch mit Casting-Show, Skalp-Trophäen und politischem Haarspray

Freunde der gepflegten Demokratie-Soap, heute haben wir eine Geschichte, die klingt wie ein Netflix-Drehbuch, aber leider in Berlin statt in Hollywood spielt. Die Hauptdarsteller: Eine Richterkandidatin, die nicht mehr Richterin sein will, weil Jens Spahn anscheinend eine Koalitionsdisziplin wie ein Kindergeburtstag ohne Erwachsene führt. Dazu Ralf Stegner, der so wütend ist, dass selbst sein Schnurrbart – sofern vorhanden – innerlich revolutioniert.
Die Ausgangslage: Frauke Brosius-Gersdorf, juristische Fachkraft und SPD-Vorschlag für das Bundesverfassungsgericht, zieht sich zurück. Offiziell „aus freien Stücken“, inoffiziell „weil CDU und CSU ihr die Tür so leise wie ein Vorschlaghammer vor der Nase zugeschlagen haben“. In den Nebenrollen: Friedrich „Ich mach jetzt mal ’nen Merz“ Merz und Jens „Ich schwöre, ich habe die Fraktion unter Kontrolle“ Spahn, die gemeinsam beweisen, dass man auch in Anzug und Krawatte eine ganze Koalition in den Graben steuern kann – ohne Navi, aber mit voller Geschwindigkeit.
Ralf Stegner nennt den Tag „historisch“ – allerdings nicht, weil ein Durchbruch in der Demokratie erreicht wurde, sondern weil, Zitat, „der rechte Mob erstmals einen Triumph gefeiert hat“. Das klingt wie die Ankündigung für Staffel 2 von Game of Thrones – Bundestags-Edition. Laut Stegner hängt jetzt der „politische Skalp“ von Frau Brosius-Gersdorf am Gürtel von Björn Höcke. Ich weiß nicht, ob das juristisch zulässig ist, aber es ist auf jeden Fall bildlich genug, um es auf Wahlplakate zu drucken.
Die SPD reagiert, wie die SPD eben reagiert: mit Forderungen, Mahnungen und der klassischen Sozialdemokraten-Drohung – „Wir sind enttäuscht, aber wir bleiben in der Koalition, weil … naja, ihr wisst schon.“ Juso-Chef Philipp Türmer will Spahn gleich ganz absetzen. Begründung: „Skandalbelastet“ und „ohne jegliche Autorität“. Das ist in Berlin ungefähr so überraschend wie die Nachricht, dass in Bayern Bier getrunken wird.
SPD-Fraktionschef Miersch spricht von „Vertrauen verspielen“. Wobei „Vertrauen“ in der aktuellen Ampel-Union-Kombi schon seit Monaten so stabil ist wie ein Klappstuhl auf Glatteis. Er mahnt: „Nur wenn Zusagen Bestand haben, sind tragfähige Kompromisse möglich.“ – Ein Satz, der in diesem Parlament ungefähr die Halbwertszeit einer Bierzeltbrezel hat.
Und was macht die CDU? Nun, sie erklärt, man habe nur auf Plagiatsvorwürfe und „kritische Haltungen zu Abtreibung und Kopftuchverbot“ reagiert. Übersetzt: „Wir hatten Lust auf Krach und brauchten einen Anlass.“
Das Ganze hat am Ende zwei Gewinner: 1. Björn Höcke, der politisch gerade den Pokal „Erster offizieller Cancel-Erfolg von Rechtsaußen“ ins Regal stellt, und 2. Satiriker wie mich, die dank solcher Dramen ihre Kolumne praktisch von selbst schreiben lassen.
Mein Fazit: Wenn das Bundesverfassungsgericht ein Casting-Format wäre, hätten wir gerade gesehen, wie die Jury den Kandidaten erst applaudiert, dann das Mikrofon aus der Hand reißt und den Notausgang zeigt. Die SPD heult Backstage, die CDU grinst im Publikum, und Höcke verkauft die Aufzeichnung als Motivationsvideo für seine Fans.
Und der Rechtsstaat? Der sitzt derweil in der Ecke, nippt an einem Kamillentee und murmelt: „Weckt mich, wenn ihr wieder ernst macht.“