Das ist doch kein Zirkus hier – Oder etwa doch?

Grafik: Merz Regenbogenfahne

Wie Kanzler Merz und Präsidentin Klöckner dem Bundestag ein Schwarz-Weiß-Denken verordnen – und Regenbögen verbieten, weil sie zu bunt sind.

Von Ronald Tramp, Ihrem Lieblingsreporter mit dem besten Fahnengespür der westlichen Hemisphäre.


Berlin, Hauptstadt der Einfalt. In einem mutigen Schritt zur Verteidigung nationaler Tristesse hat Bundestagspräsidentin Julia „Nur-Schwarz-Rot-Geht“ Klöckner entschieden, dass die Regenbogenfahne zum Christopher Street Day nicht über dem Bundestag wehen darf. „Das ist ja kein Zirkuszelt“, sprach Friedrich Merz, Kanzler auf Probe und beruflicher Stimmungsthermostat für alles unter Zimmertemperatur. Und damit war klar: Über dem deutschen Parlament wehen keine Farben, sondern maximal zwei Symboltücher für „Pflicht und Ordnung“ – Deutschland und EU. Vielfalt? Nein danke, das stört nur den Farbcode.

Ich, Ronald Tramp, Reporter mit dem besten Blick für Regenbogen zwischen den Zeilen, sage: Endlich! Endlich wehrt sich das Parlament gegen Freude, Gleichberechtigung und bunte Lebensfreude! Schluss mit diesen lächelnden Farben am Bundeshimmel – man könnte ja denken, die Demokratie hat Spaß gemacht!

Merz erklärte bei Sandra Maischberger dann auch ganz staatsmännisch, dass jeder gerne zu Hause seine Flaggen hissen darf. Aber im Bundestag? Nein, da sei Disziplin gefragt. „Nicht beliebig irgendwelche Fahnen!“ – Was kommt als Nächstes? Eine Flagge für Klimaschutz? Eine für Menschenrechte? Eine für Anstand?

Man kann nur hoffen, dass künftig auch Windrichtungen reguliert werden. Wer weiß, vielleicht bläst sonst noch ein Lüftchen aus Brüssel eine französische Trikolore aufs Dach – oder schlimmer: ein Pappherz in Regenbogenform. Und dann ist Schluss mit der würdigen Ernsthaftigkeit, für die der Bundestag bekannt ist, wenn dort wieder über Kindergeld, Cum-Ex und korruptionsfreie Parteispenden diskutiert wird – ganz ohne Zirkus!

Die Kritik von Grünen, Linken und Menschen mit Herz wurde dabei natürlich mit der Präzision eines CDU-Rasenmähers weggeblubbert. „Ein Tag im Jahr reicht doch für die Homo-Leute“, suggerierte die Debatte. Der Rest sei schließlich für patriotische Pflichterfüllung reserviert. Man stelle sich das mal bildlich vor: Jeden Tag ein bunter Fetzen am Dach – das wäre ja, als würde man die CDU verpflichten, junge Wähler zu mögen!

Der CSD erinnert an die Stonewall-Aufstände von 1969, bei denen sich queere Menschen gegen Polizeigewalt und Diskriminierung wehrten. Aber klar – das hat ja nichts mit dem Bundestag zu tun. In Deutschland gibt es ja keine strukturelle Diskriminierung mehr, außer man fragt Betroffene, oder zählt mit, wie viele queere Menschen sich immer noch verstecken müssen – auch, weil ihre Flagge „zu bunt fürs Dach“ ist.

Deutschland ist kein Zirkuszelt. Es ist ein Farbkasten mit Deckel. Wer Vielfalt möchte, kann sich ja ein Wimmelbild kaufen. Oder auswandern – vielleicht nach Amerika, wo Donald Trump bald wieder regiert und sogar Twitter-Avatare verbieten lässt, wenn sie nicht orange genug sind.

Ich sage: Klöckner und Merz sollten konsequent bleiben. Lasst uns zum Tag der deutschen Einfalt ab jetzt konsequent nur noch schwarz-weiße Kleidung im Plenum tragen. Vielleicht auch mal ein bisschen Grau – aber nur, wenn der Bundespräsident nickt. Regenbogen? Nur im Wetterbericht – aber auch da bitte mit Antrag in dreifacher Ausfertigung.

Und wenn die Sonne scheint:
Schnell die Fensterläden schließen, bevor die Lichtbrechung auf dem Glaspalast des Bundestags auch noch ein Spektrum erzeugt. Das wäre ja wirklich… zu bunt.


Ronald Tramp – der einzige Reporter, der Schwarz-Weiß in voller Farbe sieht.