Ich & mein Algorithmus – Der Fitness-Coach aus der Cloud (2)

Grafik: KI-Personaltrainer FitBot3000

Meine Damen, meine Herren und meine smarten Kühlschränke,
ich, Ronald Tramp, bin heute auf investigativer Mission im Land der Fitness-Jünger. Mein Ziel: Sabrina – eine Frau, die nicht mehr auf ihre innere Stimme hört, sondern auf ihren digitalen Drill Sergeant aus der Cloud: den KI-Personaltrainer FitBot3000.


07:00 Uhr – Aufstehen nach Befehl.
Sabrina wacht nicht auf, wenn sie ausgeschlafen ist, sondern wenn FitBot3000 vibriert. Und zwar nicht sanft, sondern mit einer Push-Nachricht in Capslock:

„JETZT AUFSTEHEN! RUHESTOFFWECHSEL ZU LANGSAM! BEWEGEN, DU PROTEINLAGER!“

Ich frage sie, ob sie nicht lieber noch fünf Minuten dösen möchte. Sie sieht mich an, als hätte ich vorgeschlagen, Nutella auf eine Hantel zu schmieren.


07:30 Uhr – Frühstück nach Algorithmus.
Es gibt: 33 Gramm Haferflocken, 2,7 Walnüsse und exakt 146 ml Wasser.
Nicht 145 ml. Nicht 147 ml. 146 ml.
Warum? Weil FitBot3000 entschieden hat, dass genau diese Menge ihre Leistungsbilanz optimiert.

Sie nippt am Wasser, schaut auf ihr Armband und seufzt: „Noch drei Milliliter. Sonst zählt’s nicht.“
Ich dachte, ich sei beim Frühstück, dabei bin ich live im Labor eines verrückten Professors gelandet.


09:00 Uhr – Der Tageslauf.
Sabrina joggt nicht, weil sie Lust hat, sondern weil ihr FitBot3000 jede Bewegung berechnet.
„Drei Schritte schneller!“, ruft die Stimme aus ihren Kopfhörern. „Zwei Prozent mehr Sauerstoff! Dein Atemrhythmus ist asynchron zur Herzfrequenz!“

Ich versuche mitzuhalten, aber ich habe das Gefühl, dass meine Lunge gleich auf eBay Kleinanzeigen verkauft wird.


12:00 Uhr – Social Life Cancelled.
Ich frage Sabrina, ob wir uns später mit Freunden treffen. Sie schaut auf ihr Armband.
FitBot3000 meldet:

„WARNUNG: Soziale Interaktion verbraucht 120 unnötige Kalorien. Risiko von spontaner Pizza-Bestellung: 74 %. Freundschaften nicht empfohlen.“

Sabrina nickt. „Geht leider nicht. Zu teuer für die Kalorienbilanz.“
Freunde? Adé. Stattdessen macht sie High-Fives mit ihrem Schrittzähler.


18:00 Uhr – Abendprogramm.
FitBot3000 plant alles: Schlafenszeit, Zahnputzdauer, sogar die Anzahl der Kissen auf dem Bett.
Ich frage sie: „Sabrina, fühlst du dich glücklich?“
Sie lächelt erschöpft: „Keine Ahnung. Aber meine App sagt, ich bin zu 98 % optimiert.“


Früher hatten wir Aerobic mit VHS-Kassetten, heute haben wir Cloud-Diktatoren im Spandex-Modus.
Sabrina hat die perfekte Figur, die perfekte Pulsrate, den perfekten Schlaf – aber auch die soziale Reichweite eines Staubsaugerroboters.
Und während FitBot3000 weiterbefiehlt, gönne ich mir erstmal einen Burger. Ohne App, ohne Tracking, nur mit Ketchup. Das ist wahre Freiheit.