DIPSY, DAISY und das Bildungssystem der verlorenen Stellen

Wie Baden-Württemberg über 20 Jahre lang Lehrer in die Cloud geschickt hat – ohne Rückflugticket
Von Ronald Tramp – Präsident des Bildungswitzministeriums, einziger Absolvent des satirischen Abendgymnasiums und Träger des Ehrenpreises für „Didaktische Datenbank-Demenz“.
Stuttgart, Rechenzentrum für pädagogischen Realitätsverlust:
Während Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg brav das Einmaleins paukten, rechnete das Kultusministerium schon seit 2005 auf ganz eigene Weise:
* 1400 Lehrerstellen, die nur auf dem Papier besetzt waren.
* Ein Softwarefehler, der über zwei Jahrzehnte unbemerkt blieb.
* Und eine Verwaltung, die dachte:
„Wenn DIPSY sagt, die Stelle ist voll, dann ist sie voll. Punkt.“
Willkommen in der Welt von DIPSY & DAISY™
Zwei Systeme, die klingen wie ein Vorschul-Zeichentrickduo mit eigener Merchandising-Linie, steuern in Baden-Württemberg seit 2005 das Lehrpersonal:
DAISY rechnet die Gehälter ab (also das, was eh keiner kontrollieren will).
DIPSY verteilt Lehrer auf Schulen – aber nur, wenn sie im System verfügbar sind.
Was passiert, wenn ein Lehrer krank wird oder in Rente geht?
Nichts.
Also wirklich: Nichts.
Der Eintrag bleibt bestehen.
Denn DIPSY denkt:
„Solange niemand offiziell tot ist, bleibt er halt im Dienst.“
Virtuelle Lehrer: Nur echt mit fehlendem Unterricht
Das Kultusministerium nennt es einen „Softwarefehler“.
Ich nenne es:
„Digitale Untätigkeit mit Langzeitwirkung.“
Denn während DIPSY mit DAISY einen ganz eigenen Tanz aufführte, standen Schulen da mit Unterrichtsausfall, Vertretungskraft Horst (der eigentlich Hausmeister ist) und der mathematisch exakt berechneten Antwort:
„Das System zeigt leider keine freien Stellen an.“
Ministerium überrascht: „Hoppla, 1400 Lehrer!“
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) erklärte beim SWR:
„Alle waren überrascht.“
Das ist in etwa so, als würde ein Feuerwehrchef sagen:
„Wir haben das Feuer 20 Jahre übersehen, aber jetzt ist es wirklich heiß.“
Und das Beste: Der Fehler fiel nicht etwa durch pädagogische Not oder Schülerproteste auf.
Nein – durch ein Softwareupdate.
IT rettet Bildung!
Oder: Ctrl + F für fehlende Bildung.
Milliardenpuffer oder Buchhaltungssimulation?
Eine ganze Milliarde Euro soll auf mysteriöse Weise nicht ausgegeben worden sein.
Bildungsetat als Finanzpuffer.
Oder wie man in Stuttgart sagt:
„Pädagogische Luftbuchung zur konjunkturellen Glättung.“
Die Ministerien schweigen dazu.
Was verständlich ist.
Man will ja auch nicht öffentlich sagen:
„Wir haben Bildung eingespart, weil Excel sagte, das passt schon.“
Wenn das System versagt, dann wenigstens gründlich
Dieser Fall hat alles:
Virtuelle Lehrer.
Reale Schüler.
Fantastische Verwaltungskünste.
Und ganz ehrlich:
Wenn ich ein Lehrer wäre, ich würde mich sofort bei DIPSY als „dauerhaft verfügbar“ eintragen.
Am besten mit dem Zusatz:
„Unterricht nur in PowerPoint. Anwesenheit optional.“
Ronald Tramp – Minister für satirische Systemanalyse. Fachgebiet: Didaktische Datenverluste und semantische Fehlzündungen.