Greta Thunberg legt gleichzeitig Klima, Weltpolitik und London lahm

Grafik: Make Pappschilder wieder ungefährlich.

Ich sage es gleich zu Beginn, und ich sage es mit der nötigen historischen Gravitas: Das ist ein Weltrekord. Niemand protestiert so vielseitig, so konsequent und so zuverlässig wie Greta Thunberg. Klima, Kapitalismus, Hungerstreik, Weltpolitik, jetzt auch britisches Strafrecht – alles dabei. Wirklich alles. Ein All-Inclusive-Protestpaket.

London. Finanzviertel. Die City. Geld. Anzüge. Glasfassaden. Und mittendrin: Greta. 22 Jahre alt. Ein Schild. Aus Pappe. Sehr nachhaltig. Sehr symbolisch. Darauf steht:
„Ich unterstütze die Inhaftierten von Palestine Action. Ich lehne Völkermord ab.“

Starker Satz. Sehr stark. Moralisch maximal aufgeladen. So aufgeladen, dass sogar die Polizei kurz überlegen musste, wen genau sie da gerade festnimmt.

Denn offiziell sagt die Londoner Polizei: Man habe eine 22-jährige Frau festgenommen, die ein entsprechendes Pappschild gehalten habe. Kein Name. Keine Greta. Einfach eine Frau mit Pappe. Das ist britische Höflichkeit. Man weiß genau, wer es ist – sagt es aber nicht.

Palestine Action. In Großbritannien als terroristisch eingestuft. Verboten. Großes Wort. Sehr großes Wort. Und Greta stellt sich hin und sagt: „Ich unterstütze.“ Nicht vielleicht. Nicht kritisch. Unterstütze. Zack. Handschellen. Demokratie zum Anfassen.

Ich finde das faszinierend. Greta schafft es, innerhalb von Sekunden von Klimaschutz zu Terrorismusdebatten zu wechseln – ohne den Gesichtsausdruck zu verändern. Das ist Talent. Das ist Markenidentität.

Die Aktivistengruppe „Prisoners for Palestine“ meldet die Festnahme. Natürlich. Aktivistengruppen melden immer sofort alles. Schneller als Polizei. Schneller als Presse. Schneller als Faktenprüfung.

Die Polizei ergänzt: Zwei weitere Aktivisten wurden ebenfalls festgenommen. Sie hatten Hämmer und rote Farbe dabei. Hämmer! Farbe! Finanzviertel! Das ist keine Demo mehr – das ist Performancekunst mit Sachbeschädigung.

Ich stelle mir das vor:
Greta mit Schild.
Andere mit Hammer.
Rote Farbe an Gebäuden.
Und irgendwo ein Investmentbanker, der denkt: „Ich wollte doch nur ins Büro.“

Und jetzt kommt das Beste: Greta ist bekannt als Klimaaktivistin. War sie zumindest. Früher. Damals. Als es noch um CO₂ ging. Heute geht es um alles. Greta ist nicht mehr thematisch gebunden. Greta ist ein moralischer Multitool-Protest.

Man könnte sagen: Sie hat sich politisch weiterentwickelt. Oder man könnte sagen: Sie protestiert inzwischen so viel, dass das Thema egal ist. Hauptsache Schild. Hauptsache Haltung. Hauptsache Festnahme.

Ich frage mich: Gibt es eigentlich noch Demonstrationen, bei denen Greta nicht festgenommen wird? Oder ist das inzwischen Teil des Programms? Erst Schild malen, dann Polizei, dann Pressefoto, dann Social Media.

Und die Polizei? Die macht ihren Job. Ruhig. Sachlich. Britisch. Sie sagt nicht: Greta Thunberg. Sie sagt: eine 22-Jährige. Das ist fast schon poetisch. Als wäre sie irgendeine Studentin mit zu viel Zeit.

Aber Greta ist nicht irgendeine. Greta ist Dauerprotest. Greta ist Empörung auf Abruf. Greta ist die einzige Person, die gleichzeitig gegen fossile Brennstoffe, Kapitalismus, Israel, Hunger, Gefängnisse und britische Gesetze protestieren kann – ohne sich jemals zu fragen, ob das Publikum noch folgt.

Ich sage: Das ist Aktivismus im Zeitalter der Überforderung. Alles ist schlimm. Alles ist dringend. Alles ist Völkermord. Und wer widerspricht, hat das falsche Schild.

Natürlich sagen jetzt viele: „Aber Greta lehnt Völkermord ab.“ Ja. Wer nicht? Das ist wie zu sagen: „Ich bin gegen schlechte Dinge.“ Mutig. Sehr mutig.

Aber in Großbritannien gilt eben: Wer eine verbotene Organisation unterstützt – auch symbolisch – hat ein Problem. Ein juristisches. Kein moralisches. Juristen sind nicht bekannt für Ironie.

Und Greta? Die kennt das Spiel. Festnahme. Freilassung. Statement. Nächste Demo. Das ist kein Schock mehr – das ist Routine.

Ich sehe schon die Zukunft:
Greta auf dem Polizeirevier.
„Name?“
„Greta.“
„Anlass?“
„Alles.“

Und draußen schreiben alle: „Das darf man doch wohl noch sagen!“
Ja. Darf man. Aber nicht immer überall. Und nicht mit jedem Schild.

Make Protest wieder thematisch.
Make Demonstrationen wieder übersichtlich.
Und vor allem: Make Pappschilder wieder ungefährlich.