Ich, der Präsident, die Garde und das kleine Problem mit der Demokratie

Eine Betrachtung eines Mannes, der glaubt, dass „Checks and Balances“ nur Getränkeoptionen auf der Speisekarte sind.
Freunde, haltet eure Fahnen fest – es ist wieder soweit: Der Präsident der Vereinigten Staaten, dieser Titan des Temperaments, dieser Generalissimo im Maßanzug, hat mal wieder versucht, Amerika zu retten. Vor wem? Vor sich selbst, natürlich. Und wie immer mit schwerem Gerät: der Nationalgarde.
Denn wenn ein Präsident Probleme mit der Demokratie hat, dann löst man die eben mit Panzern. Das steht so bestimmt irgendwo in seiner ganz persönlichen Ausgabe der Verfassung, Seite 1, direkt unter „Ich darf alles“.
„Ich schicke die Jungs rein!“ – Der Klassiker unter den Autokraten
Es war ein Donnerstag, der begann wie jeder andere: Tweets, Tobsucht und Trompeten aus Washington. Doch dann kam der Moment, in dem der Oberbefehlshaber beschloss, dass er keine Lust mehr auf lästige Gouverneure, Richter und das ganze Gedöns mit Gewaltenteilung hatte.
Also griff er zum Telefon (oder vermutlich zum Megafon) und befahl: „Schickt die Garde nach Chicago! Da sind zu viele Demokraten – äh, Demonstranten!“
Ein kleiner Unterschied, aber wer zählt schon Silben, wenn man Macht hat?
In Chicago wurde daraufhin nicht nur der Kaffee stärker, sondern auch die Justiz. Denn eine Richterin – man stelle sich das vor! Eine Frau! Mit einem Gesetzbuch statt eines Wahlkampfplakats! – wagte das Undenkbare: Sie sagte Nein.
Ein Wort, das im Weißen Haus in etwa so beliebt ist wie veganes Steak.
Wenn Juristen Trump erklären müssen, was „nein“ bedeutet
Diese Richterin, April Perry, hat etwas getan, was viele für übermenschlich halten: Sie las die Argumente der Regierung und verstand sie trotzdem nicht – weil es nichts zu verstehen gab.
Trumps Anwalt stand da wie ein Schüler, der behauptet, der Hund habe seine Hausaufgabe gegessen, und musste dann zugeben, dass der Hund auch noch im Weißen Haus angestellt sei.
„Die Nationalgarde muss Kriminalität bekämpfen“, hieß es.
„Welche Kriminalität?“, fragte Perry.
„Na, die, die der Präsident im Fernsehen gesehen hat.“
„Also Netflix?“
„Äh … vermutlich Fox News.“
Die Richterin blockierte den Einsatz kurzerhand. 14 Tage Stillstand. Eine Ewigkeit in Trumps Welt, in der die Aufmerksamkeitsspanne kürzer ist als ein Tweet. Doch sie gab Hoffnung: Vielleicht, ganz vielleicht, hat das Rechtssystem noch genug Saft, um ein bisschen Stromschlag in diese Demokratie zu schicken.
Die Tränendrüse von Chicago
Währenddessen stand Generalstaatsanwalt Kwame Raoul vor den Mikrofonen, kämpfte mit den Tränen und dankte „diesen Helden“, die sich Trumps Befehl widersetzt hatten.
Ein emotionaler Moment – so emotional, dass der Präsident vermutlich sofort twittern wollte: „Schwäche! Ich weine nie! Außer bei Wahlverlusten!“
Aber das war nicht das Ende, oh nein. Hinter den Kulissen plante das Weiße Haus bereits die Berufung – also nicht die juristische, sondern die militärische: die Berufung aller verfügbaren Soldaten, Notstandskommandos und vermutlich auch der Space Force. Man weiß ja nie, ob Antifa nicht heimlich auf dem Mars lauert.
Antifa – das neue „Monster unter dem Bett“
Denn wenn man der Regierung zuhört, ist „Antifa“ inzwischen so ziemlich alles: Terrornetzwerk, Mafia, Superheldenliga, intergalaktische Bedrohung und vermutlich verantwortlich für schlechtes WLAN.
Heimatschutzministerin Noem nannte sie „gefährlicher als ISIS“.
FBI-Chef Patel sprach von einer „internationalen Organisation“.
Und Trumps Berater Miller setzte noch einen drauf: „Auch die Demokraten gehören dazu.“
Na klar. Wenn schon, denn schon. Wenn man schon paranoide Fiktionen schreibt, dann bitte mit vollem Hollywood-Budget.
Das alles gipfelte in einem Präsidialerlass mit dem zarten Titel:
„Bekämpfung von inländischem Terrorismus und organisierter politischer Gewalt.“
Oder, einfacher gesagt: „Ich mag keine Menschen, die widersprechen.“
„Präventiv handeln“ – die neue Demokratievariante
Trumps juristische Strategie war ebenso einfach wie genial: Wenn es keine Beweise gibt, dann verhindert man einfach, dass es welche gibt – indem man schon vorher eingreift.
Er wolle die Nationalgarde einsetzen, um Aufstände zu verhindern, bevor sie passieren. Also quasi Minority Report, nur ohne Tom Cruise, aber mit deutlich mehr Ego.
Man kann sich das schon bildlich vorstellen: Soldaten patrouillieren durch Vororte, weil jemand in Chicago laut „Demokratie!“ gesagt hat – was in Trumps Ohr klingt wie „Rebellion!“.
Und ich, Ronald Tramp, sage euch…
Als Reporter habe ich schon vieles gesehen – von Reality-Shows bis zu echten Präsidenten. Aber noch nie einen Mann, der so leidenschaftlich Demokratie verteidigt, indem er sie abschafft.
Er nennt Richterinnen „Feinde“, Journalisten „Terroristen“ und Proteste „Aufstände“ – kurzum: ein Mann, der seine eigene Pressefreiheit wie ein Burger behandelt: gut durch.
Und während die Richterin Perry die Gesetzestexte blätterte, blätterte Trump vermutlich nur durch seine Fanpost.
Denn für ihn gilt: Wenn du die Wahrheit nicht magst – dann ersetze sie einfach durch ein Dekret.
Ein Präsident, der die Nationalgarde schickt, um die Nation vor Meinungen zu schützen, ist wie ein Feuerwehrmann, der mit Benzin löscht.
Und falls es am Ende doch noch vor den Supreme Court geht – keine Sorge. Trump wird einfach behaupten, er ist der Supreme Court.
Amen.
Oder wie Trump sagen würde: „You’re fired, Democracy!“