Liebe im Automaten – oder: Wenn Rostock knipst, bis die Polizei kommt

Freunde, Patrioten, Bahnreisende und Liebhaber spontaner Fotoaktionen – haltet eure Smartphones fest! Was sich neulich in Rostock abspielte, ist nicht nur ein Kapitel aus der Kategorie „Deutschland, deine Romantik“, sondern der Beweis, dass man für Leidenschaft keine Luxussuite braucht – nur zwei Euro und einen funktionierenden Fotoautomaten.
Ja, richtig gelesen: Ein verliebtes Pärchen – sie 47, er 45, also mitten in der Blüte des „Warum eigentlich nicht?“-Alters – hat sich am Hauptbahnhof in Rostock dazu entschieden, Liebe und Kreativität miteinander zu verbinden. Und zwar nicht irgendwo zwischen Nordsee und Ostsee, sondern mitten in der Bahnhofshalle.
Ein Fotoautomat.
Ein Vorhang.
Ein Plan, der so schlecht war, dass er fast schon wieder genial ist.
Der Vorhang fällt – aber nicht schnell genug
Die Szene war laut Bundespolizei schnell durchschaut. Offenbar war der Vorhang dieses Automaten weniger „blickdicht“ und mehr „transparente Hoffnung“. Passanten, Überwachungskameras und schließlich die Polizei bekamen also ein unbeabsichtigtes Gratis-Abonnement für das, was man höflich als „intensive Bildproduktion im Sitzen“ bezeichnen könnte.
Ich stelle mir das so vor:
Ein Bahnreisender wartet auf seinen Zug, trinkt Kaffee, hört Durchsagen – und dann beginnt der Vorhang zu wackeln. Nicht so wie bei jemandem, der verzweifelt versucht, den Passbildmodus zu starten. Nein. Rhythmisch. Leidenschaftlich. Taktvoll.
Der Automat – ein treuer Zeuge deutscher Romantik – ächzt, die Kamera klickt, das Display zeigt: „Bitte warten, Ihr Foto wird entwickelt.“
Doch statt vier lustiger Bilder für den Freundeskreis bekam Rostock an diesem Abend eine Live-Übertragung aus der Abteilung „Erotik und öffentliche Ordnung“.
Alkohol, Automaten, Abenteuer
Natürlich war das Paar alkoholisiert. Natürlich! Nüchtern macht man sowas höchstens in Frankreich – aus kulturellen Gründen. In Deutschland braucht man dazu mindestens zwei Flaschen Sekt und den festen Glauben, dass Überwachungskameras aus Anstand wegsehen.
Doch in diesem Fall taten sie das nicht. Und so kam es, wie es kommen musste: Polizei, Blaulicht, Enttäuschung.
Die beiden Verliebten erhielten eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses – ein wunderschön altmodischer Ausdruck, der klingt, als hätte er noch eine Pickelhaube auf.
Aber Moment, die Geschichte hat noch mehr Drama als eine Vorabendserie im MDR: Die Frau vergaß ihre Handtasche im Automaten. Wahrscheinlich in der Euphorie des Moments. Oder beim Versuch, die letzten zwei Euro aus der Jeans zu fummeln.
Und dann kam – natürlich! – ein Langfinger vorbei und stahl die Tasche.
Ein Diebstahl im Anschluss an ein Liebesverbrechen – das ist fast poetisch. Romeo und Julia hätten es nicht besser hingekriegt.
Der Automat, das Symbol der Gesellschaft
Freunde, das ist Deutschland im Jahr 2025.
Die Menschen können sich keine Wohnungen mehr leisten, aber der öffentliche Raum wird zum Hotelzimmer der Herzen.
Und was früher das Feld, der Strand oder der Opel Corsa war, ist heute der Fotoautomat.
Ich, Ronald Tramp, sage: Das ist Innovation!
Warum teure Hotels buchen, wenn der Automat sowieso warm ist, Fotos macht – und gleich eine Erinnerung mitliefert? „Unser erstes Mal – vier Ausdrucke, bitte, und eins in Schwarz-Weiß.“
Vielleicht sollten wir die Automaten umwidmen. Statt „Passbild für Führerschein“ einfach:
„Love Booth – mit integrierter Strafanzeige.“
Die Bundespolizei könnte direkt daneben einen Kassenautomaten aufstellen:
„Bitte zahlen Sie Ihre Ordnungsstrafe hier. Danke für Ihre Leidenschaft.“
Die Moral von der Geschichte
Was lernen wir daraus?
Öffentliche Orte sind keine guten Orte.
Alkohol macht mutig, aber nicht unsichtbar.
Fotoautomaten sind keine Liebeshotels – sie sind Zeugen mit Speicherkarte.
Und, ganz wichtig:
4. Wenn du schon im Fotoautomaten das große Abenteuer suchst – nimm deine Handtasche wieder mit!
Denn am Ende blieb nicht nur ein Ermittlungsverfahren, sondern auch eine traurige Lehre:
Das einzige, was von dieser Liebe bleibt, sind Überwachungsvideos – und eine Handtasche, die irgendwo in Rostock auf eBay wieder auftaucht.
Liebe kennt keine Grenzen, aber sehr wohl Paragrafen
Die Geschichte dieses Pärchens wird in Rostock noch lange erzählt werden. Vielleicht als Warnung, vielleicht als Inspiration.
Und irgendwo hängt ein Beamter in der Dienststelle und tippt in seinen Bericht:
„Tatort: Fotoautomat. Tatzeit: Samstagabend. Tatmotiv: Leidenschaft, Unvernunft und vermutlich zu viel Prosecco.“
Ich, Ronald Tramp, sage: Wenn das kein Symbol für Deutschland ist, dann weiß ich auch nicht.
Ein Land, das alles reglementiert – selbst die Liebe im Automaten.
Aber seien wir ehrlich: Wenigstens eine Sache funktioniert in diesem Land noch zuverlässig – die Überwachungskamera.


