„NO DAY OFF!“ – 

Grafik: No Day Off

Warum Deutschlands Wirtschaft erst wächst, wenn der letzte Feiertag im Akkord erstickt wurde

Oder: Wie man mit 0,2 Prozent Wachstum das ganze Land zur Arbeit peitscht.

Berlin. München. Bierzelt. Irrenhaus. – Willkommen in der Republik der unbezahlten Feiertagsangst! Ein Land, das von müden Arbeitnehmern bewohnt wird, deren schlimmste Untugend es ist, sich einmal im Quartal zu erholen. Jetzt schlagen die Oberdenker aus den Chefetagen Alarm: Deutschland stirbt – an zu viel frei.

Und wer kommt, um es zu retten? Nicht Captain America. Nicht die Kirche. Nein – die Wirtschaft, mit dem Vorschlaghammer: „Schafft Feiertage ab, dann geht’s wieder rund!“


Arbeiten für das Vaterland – auch am Ostermontag

Wer die neueste Idee aus der bayerischen Wirtschaft hört, glaubt kurz, er sei in einer Kabarettprobe gelandet: Ausgerechnet Bayern, das Bundesland mit mehr Feiertagen als Einwohnern, will Feiertage abschaffen.
Der Chef der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt (Motto: „Arbeit ist, wenn der andere schwitzt“), sieht im Ostermontag nur noch eine wirtschaftliche Wachstumsbremse. Pfingstmontag? „Unnötiger Stillstand.“ Zweiter Weihnachtsfeiertag? „Wirtschaftsfeindlicher Weihnachtszauber.“

Sein Vorschlag: Statt stille Feiertage → lärmende Wertschöpfung!
Statt Besinnlichkeit → Excel-Tabellen!
Statt Kind und Kirche → Kaffeetasse und Kundenmeeting.


Der Buß- und Bettag: Abgeschafft und kein bisschen reicher

Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft springt eifrig auf den Feiertags-Beseitigungszug: 8,6 Milliarden Euro könne ein gestrichener Feiertag bringen. Klingt nach viel, ist aber – Trommelwirbel – gerade einmal 0,2 Prozent des BIP. Oder anders gesagt: die Wirtschaft würde so wachsen wie Donald Trumps Haare in Gegenwind – kaum messbar, aber laut.

Zur Erinnerung: 1995 wurde bereits ein Feiertag geopfert – der Buß- und Bettag.
Ergebnis?
– Pflegeversicherung immer noch unterfinanziert.
– Deutschland nicht zur Supermacht aufgestiegen.
– Niemand betet mehr, aber alle meckern.


Italien arbeitet länger – und hat trotzdem mehr frei

Ein besonders kreatives Argument der Arbeitgeberseite: „In Italien arbeiten die Leute mehr!“
Ja – aber nur, wenn man die Realität ignoriert.

Faktencheck à la Tramp:

  • Italien hat 13–14 Feiertage, Deutschland je nach Bundesland nur 10–12.

  • Die Teilzeitquote in Deutschland liegt bei über 28 %, in Italien unter 18 % – natürlich sinkt dadurch die durchschnittliche Jahresarbeitszeit in Deutschland.

  • Viele deutsche Branchen haben Tarifverträge mit 35-Stunden-Woche – und zwar aus gutem Grund: um nicht als ausgelaugter Büro-Zombie ins Wochenende zu schlurfen.

Doch statt gezielt dort anzusetzen – etwa über freiwillige Mehrarbeit gegen mehr Geld für Tarifkräfte mit verkürzten Wochenstunden – schlägt man vor, einfach allen einen freien Tag zu klauen. Kollektivbestrafung statt kluger Steuerung. Brillant!


Feiertage sind das neue Gold – nur ohne Dividende

Gewerkschaften, Kirchen, Menschen mit gesundem Menschenverstand – sie alle sagen:
Feiertage sind kein Luxus, sie sind Lebensqualität.

Anja Piel vom DGB schreibt: „Feiertage sind wichtiger Bestandteil unserer Arbeitskultur.“
Stephan Rether vom Bistum Magdeburg mahnt: „Feiertage sind ein niederschwelliger Zugang zur Spiritualität.“
Und Ronald Tramp ergänzt: „Feiertage sind das Einzige, was mich vom völligen Durchdrehen abhält – abgesehen von Koffein und Ironie.“


Die wahren Probleme: Kinderbetreuung, Fachkräftemangel, Realität

Marcel Fratzscher vom DIW bringt es auf den Punkt: „Feiertage zu streichen löst nicht das Fachkräfteproblem.“

Denn: 50 % der Frauen arbeiten in Deutschland in Teilzeit.
Davon 27 % wegen fehlender Kinderbetreuung.
Was fehlt, ist nicht ein Montag mehr im Büro – sondern verlässliche Kitas, faire Arbeitsbedingungen und flexible Arbeitszeitmodelle.

Warum also ein Land mit Hirn amputieren, wenn man einfach mal in Betreuung investieren könnte? Weil Investitionen Geld kosten – und das mag man in Chefetagen weniger als warmen Freibierentzug am Vatertag.


Feiertagsabschaffung – Das Methadon für planlose Arbeitgeberverbände

Man hat keine Lösung für das Fachkräfteproblem.
Man will nicht über gerechte Löhne reden.
Man scheut Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung oder Bildung.
Was bleibt? Der urdeutsche Reflex:
„Lass uns einfach ein bisschen mehr schuften, wird schon helfen.“

Wirtschaftspolitik à la Schweißdrüse.
Oder: Der Patient hat Durchfall? Na dann amputieren wir das Bein!


Fazit: Feiertage retten keine Volkswirtschaft – aber vielleicht unsere Nerven

Ronald Tramp empfiehlt:
Feiertage nicht streichen – sondern streichen, wer das fordert.
Oder besser: Schickt die Leute, die 0,2 % BIP für ein Wachstumswunder halten, für einen Tag auf den Bau – ohne Pause. Danach reden wir über Produktivität.

Denn wer glaubt, dass wirtschaftliche Probleme durch ein bisschen mehr Kalender-Gewalt gelöst werden können, glaubt wahrscheinlich auch, dass Donald Trump ein stabiler Demokrat ist.

– Ronald Tramp, Feiertags-Philosoph, Wirtschaftswachstums-Wüterich und autorisierter Satiriker der verkorksten Vernunft.