Schattenpreise – Wie Italien seine Strände in Goldminen verwandelt

Grafik: Mondpreise mit Meerblick

 

Leute, ich liebe Italien. Pasta, Vino, Vespa – und jetzt auch: Sonnenbaden zum Preis eines Mittelklassewagens. Früher war der Strand in Italien ein Ort für Familien, Liebespaare und Touristen mit Sonnenbrandfaktor 3000. Heute ist er ein VIP-Event mit Eintrittskarte – nur ohne Aperol-Spritz inklusive.

Im „Twiga“-Club an der toskanischen Küste, ehemals im Besitz von Formel-1-Playboy Flavio Briatore, kostet ein Tag im sogenannten Herrscherzelt sagenhafte 1500 Euro. Vier Liegen, vier Kinderliegen, vier Stühle, ein Tisch – also im Prinzip eine Outdoor-Ikea-Filiale, nur ohne Hotdog. Essen und Trinken? Natürlich nicht dabei, Signore! Für 1500 Euro können Sie schließlich nicht erwarten, dass Ihnen noch jemand Wasser reicht.


Mondpreise mit Meerblick

Und das Problem ist nicht nur das „Twiga“. Nein, überall entlang der 7500 Kilometer Küste haben die privaten Strandbäder die Preise nach oben geschraubt, als würden sie gerade den neuen „Barbie“-Film in 3D verkaufen.

In Santa Marinella, einem völlig normalen Badeort bei Rom, kostet das Set „Zwei Liegen plus Schirm“ jetzt 60 Euro pro Tag. Dazu Cappuccino für 5 Euro, Thunfisch-Cheeseburger für 14 Euro – und zack, ist die 100-Euro-Marke für eine Familie durchbrochen.


Die Luxus-Ausrede: Mehr Abstand zwischen Schirmen

Strandbad-Chefin Leila Fares verteidigt die Preise mit den Worten: „Bei uns stehen die Schirme weiter auseinander und alles wird jeden Tag gereinigt.“
Klingt nett, aber für den Preis sollte der Sonnenschirm nicht nur sauber sein, sondern mich auch gegen Steuerprüfungen abschirmen. Und für 1500 Euro im „Herrscherzelt“ erwarte ich, dass mir Beyoncé persönlich Sonnencreme aufträgt.


Italiener haben die Nase voll – außer sonntags

Der Tourismusverband Assobalneari Italia meldet einen Rückgang der Gästezahlen um 25–30 Prozent. Unter der Woche sind die Liegen so leer wie ein Wahlversprechen nach der Amtszeit, nur sonntags brummt der Betrieb. Die Hoffnung: Am Ferragosto, dem großen Feiertag Mitte August, kehrt alles zur goldenen Abzock-Normalität zurück.


Vetternwirtschaft im Sandkasten

Die Strände gehören eigentlich dem Staat, aber über die Hälfte ist seit Jahrzehnten an Privatleute verpachtet – oft zu Spottpreisen, oft unter der Hand. Das nennt man in Italien „Tradition“. Kritiker sagen „Vetternwirtschaft“, Realisten „Familienunternehmen mit sehr langer Laufzeit“.

Und während die EU seit 2006 fordert, dass diese Pachtverträge endlich neu ausgeschrieben werden, haben es diverse Regierungen geschafft, den Prozess so lange hinauszuzögern, dass selbst römische Baustellen neidisch werden.


Politische Realsatire: Alles halb so schlimm

Tourismusministerin Daniela Santanché findet Berichte über eine Krise „alarmistisch“. Wahrscheinlich sitzt sie gerade selbst im „Herrscherzelt“ und denkt: „Welche Krise?“
Und Premierministerin Meloni? Die schaut zu und sorgt dafür, dass die Pächterfamilien ruhig schlafen können.


Italienische Strände sind jetzt wie Luxusclubs: Wer drin ist, kann prahlen – wer draußen bleibt, holt sich den Sonnenbrand gratis. Mein Tipp: Entweder ab nach Sizilien, wo Schirm und zwei Liegen für 20 Euro zu haben sind, oder gleich die italienische Königsklasse spielen – Handtuch ausbreiten, Prosecco aus dem Rucksack, und die Privatliege von der Ferne belächeln.

Tramp out. Und wenn mich jemand sucht: Ich bin am Strand – gratis, mit Schatten unter meiner eigenen Palme (aus Plastik).