STUTTGART 21: „Tiefergelegt und hochgerechnet – Deutschlands teuerster Maulwurfshügel“

Grafik: Tiefergelegt und hochgerechnet

Von Ronald Tramp – Deutschlands inoffizieller Oberingenieur der Meinung

Meine Damen, Herren und BahnCard-Verzweifelte: Willkommen zu einer neuen Episode aus der Serie „Wie wir Deutschland unter die Erde bringen – und dafür zahlen lassen“. Heute: Stuttgart 21, das Bauprojekt, das bewiesen hat, dass man mit genug Beton, Bürokratie und einem geologischen Überraschungsei aus dem Ländle ein Milliardenloch mit Dach gestalten kann – ganz ohne Fahrplan, aber mit WLAN-Aussetzern und Verspätungsgarantie!

Die Fakten, oder wie man sie in Deutschland nennt: grobe Richtwerte

Ursprünglich sollte Stuttgart 21 ja 2019 eröffnen. Damals, als Angela Merkel noch regierte, Smartphones noch Tasten hatten und ICEs noch halbwegs pünktlich waren. Doch dann kam alles anders. Erst Brandschutz, dann Artenschutz, dann Erdbebenschutz, dann der Schutz des geologischen Untergrunds vor der Bahn selbst. Heute, 2025, feiern wir feierlich die nächste Verschiebung: Jetzt soll alles „gestaffelt“ eröffnet werden. Das klingt besser als „halbfertig“ – und das, liebe Leser, ist deutsche PR in Höchstform.

Dezember 2026: Halb geöffnet, halb gelacht

Ab Dezember 2026 dürfen Fernzüge in den neuen Untergrundbahnhof einfahren – hurra! Regionalzüge hingegen bleiben draußen. Sie sind offenbar noch nicht bereit für die digitale Zukunft. Der alte Kopfbahnhof wird also weiter betrieben, vermutlich mit WLAN aus der Kaiserzeit und Durchsagen im Original-Schwäbisch.

Warum das Ganze? Man will die „Sperrungen entzerren“, sagt die Bahn. Ich sage: Wenn sich etwas so lange zieht wie dieses Projekt, hat es das Recht, sich auch bei der Eröffnung Zeit zu lassen. Und wer braucht schon vollständige Funktion, wenn man auch ein Beta-Testland sein kann?

Digital first, denken später

Der neue Bahnhof wird übrigens der erste komplett digitalisierte Bahnknoten Deutschlands. Das heißt: keine klassischen Lichtsignale mehr, nur noch ETCS – die Formel-1 unter den Zugsteuerungen. Dumm nur, dass die meisten Lokführer noch mit Glühbirne ausgebildet wurden. Aber keine Sorge, das wird schon! Zur Not fährt die KI – oder ein pensionierter Straßenbahnfahrer mit iPad.

11 Milliarden Gründe zu schmunzeln

Kostenpunkt des Ganzen? Offiziell: 11,3 Milliarden Euro. Inoffiziell: „Wir rechnen noch mal nach, wenn alles steht – oder zusammenbricht.“ Der ursprüngliche Finanzierungsvertrag lag bei 4,5 Milliarden. Die Differenz nennt man im Bahnjargon „kreative Baukostenentwicklung“, bei uns Normalbürgern einfach „Wahnsinn mit Ansage“.

Und wer zahlt das? Gute Frage! Die Bahn sagt: „Nicht wir alleine!“ Das Land sagt: „Nicht ohne uns!“ Und die Stadt Stuttgart sagt: „Vielleicht bald Touristensteuer auf Baustellenführungen?“ Der Streit läuft, aber immerhin läuft er – was mehr ist, als man vom Fahrplan sagen kann.

Deutschland baut. Und baut. Und baut.

Stuttgart 21 ist nicht einfach ein Projekt. Es ist ein Mahnmal. Ein Denkmal. Ein U-Bahn-Schrein für die Götter der deutschen Planungskultur. Es zeigt, was möglich ist, wenn man technologische Ambition, föderale Abstimmung und geologische Ahnungslosigkeit in einen Tunnel presst.

In diesem Sinne: Bleiben Sie auf dem Laufenden – oder auf dem Bahnsteig. Denn wenn die Züge nicht kommen, kommt immerhin die Pointe.

Ronald Tramp
Chief Humor Officer, DB Satireservice – powered by Pleite, Pech und Planfeststellung.