Vier Tage Amtszeit, fünf Jahre Versorgung – Brandenburgs politisches Meisterstück

Meine Damen und Herren, holen Sie sich Popcorn, stellen Sie die Demokratie auf „Zuschauermodus“ und nehmen Sie Platz im „Rathaus-Theater Zehdenick“, denn Ronald Tramp präsentiert heute das vielleicht teuerste und gleichzeitig unterhaltsamste Polit-Drama Brandenburgs seit der Erfindung des Kreisverkehrs.
Wir schreiben den 16. März. Ein magischer Tag, an dem die Bürger einer 13.000-Seelen-Stadt entschieden: Alexander Kretzschmar soll unser neuer Bürgermeister werden!
Mit 63 Prozent! Ein Ergebnis, bei dem selbst Diktatoren kurz sagen: „Nicht schlecht.“
Der parteilose Kandidat setzt sich gegen einen AfD-Mann durch – und die Stadt jubelt. Neue Ära! Neuer Schwung! Neuer Mut!
Doch dann beginnt die Geschichte, die ich „Der Bürgermeister, der aus dem Rathaus verschwand“ nennen würde – oder alternativ: „Wie man ein Amt gewinnt und es dann nicht mehr persönlich sieht“.
Denn Kretzschmars Vorgänger, Lucas Halle, war 2024 aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Und man möchte meinen, die Stadt hätte daraus gelernt.
Aber nein.
Denn der frisch Gewählte, Kretzschmar selbst, schafft es ganze vier Tage – nicht vier Monate, nicht vier Wochen, sondern vier Tage – im Rathaus zu erscheinen, bevor er sich krankmeldet.
Vier Tage!
So lange braucht die Kaffeemaschine im Rathaus, um die erste Entkalkung anzuzeigen.
Seitdem: dienstunfähig.
Das ist wie ein Netflix-Probemonat – nur ohne Spaß.
Nun gut, Krankheiten sind kein Witz, das ist klar. Aber verwirrend wird’s, wenn sich Politik und Paragraphen in die Sache mischen. Die Stadtverordnetenversammlung sagt irgendwann:
„Wir müssen ein Abwahlverfahren starten.“
Soweit, so übersichtlich.
Doch dann kommt Zehdenick-Level-Bürokratie ins Spiel.
Kretzschmar hätte die Möglichkeit gehabt, innerhalb von sieben Tagen einfach selbst zurückzutreten.
Hätte er gemacht, wäre die Sache erledigt gewesen.
Aber nein!
Diese Frist lässt er einfach verstreichen – vermutlich hat die Post die Rücktrittsformulare wieder in den falschen Briefkasten geworfen. Oder er war einfach damit beschäftigt, nicht im Rathaus zu sein.
Und jetzt?
Jetzt muss die Stadt am 25. Januar einen Bürgerentscheid abhalten.
Weil – natürlich – die Demokratie in Deutschland nicht ohne kostspielige Spezialeffekte funktioniert.
Die Kosten?
13.000 bis 14.000 Euro, sagt die Stadt.
Eine Summe, für die man in Brandenburg zwei Kreisverkehre, einen Schützenfest-Bierstand oder drei halbe Fahrradwege bekommt.
Doch dann kommt der richtig lustige Teil – der Teil, der selbst Ronald Tramp kurz stocken lässt.
Denn Kretzschmar hat – wie jeder Bürgermeister – Anspruch auf Versorgung.
Und zwar nicht Kleingeld!
Nein, nein.
Die Stadt sagt:
Er bekommt erst drei Monate volle Bezüge, danach fünf Jahre lang 71,75 Prozent seiner Besoldungsgruppe A16.
Das sind 8663 Euro im Monat.
8663 Euro dafür, dass man nicht da ist.
Ich, Ronald Tramp, nenne das: Das deutsche Home-Office-Upgrade auf Legendenstatus.
Und jetzt halten Sie sich fest:
Der Mann sagt im Interview:
„Eine Rückkehr wäre im Dezember möglich gewesen.“
Im Dezember.
Also irgendwann kurz vor Weihnachten, wenn überall Kekse stehen und niemand mehr arbeitet, weil alle bereits gedanklich im neuen Jahr sind.
Aber die Stadtverordnetenversammlung habe diese Information nicht berücksichtigt.
Das heißt:
Die einen sagen, er könnte gesund sein.
Die anderen sagen, er sei es nicht.
Ich sage: Die Kaffeemaschine im Rathaus weiß wahrscheinlich mehr als beide zusammen.
Dann die entscheidende Frage:
Wird er freiwillig gehen?
Und die Antwort:
NEIN.
Ein freiwilliger Rücktritt kommt für ihn nicht infrage.
Natürlich nicht!
Wenn ich 8663 Euro im Monat bekäme, ohne mich mit kaputten Laternen, Baustellen, Sitzungsprotokollen und Bürgerbeschwerden über Hundekot zu beschäftigen – ich würde auch versuchen, bis 2033 durchzuhalten.
Aber so ist das eben in Zehdenick:
Eine Stadt, die Bürgermeister wählt, die dann nicht da sind, und dann Geld zahlt, damit sie weiter nicht da sind, während die Bürger darüber entscheiden müssen, ob sie jemanden abwählen wollen, der gar nicht da ist.
Ich, Ronald Tramp, sage:
Wenn das kein politisches Kunstprojekt ist, dann weiß ich nicht, was eins ist.


