Warum Frauen selbst beim Christbaum schneller ans Telefon gehen

Grafik: Eine Umfrage zeigt: Frauen reagieren im Weihnachtsurlaub häufiger auf dienstliche Anfragen als Männer.

Ich sage es, wie es ist – und glauben Sie mir, ich sage es besser als jeder andere: Weihnachten ist tot. Nicht wegen Geschenken. Nicht wegen Konsum. Sondern wegen E-Mails. Wegen Kurznachrichten. Wegen „Kannst du kurz mal…?“. Und jetzt gibt es sogar Zahlen dazu. Offizielle Zahlen. Sehr traurige Zahlen. Fast schon festlich deprimierend.

Eine Umfrage zeigt: Frauen reagieren im Weihnachtsurlaub häufiger auf dienstliche Anfragen als Männer. Häufiger! Während Männer zu 38 Prozent sagen: „Nein, ich bin gerade mit Plätzchen beschäftigt“, sagen 48 Prozent der Frauen: „Ja, ich bin zwar im Urlaub, aber schreib ruhig.“

Zehn Prozentpunkte Unterschied. Das ist kein kleiner Unterschied. Das ist ein strukturelles Weihnachtsproblem.

Stellen Sie sich die Szene vor:
Der Mann sitzt auf dem Sofa. Bauch voll. Pullover hässlich. Handy auf lautlos. Frieden.
Die Frau sitzt daneben. Handy vibriert. Sie schaut drauf. Seufzt. Antwortet. „Kein Problem, ich klär das kurz.“
Und der Mann denkt: „Großartig. Noch ein Keks.“

So sieht moderne Besinnlichkeit aus.

43 Prozent der Befragten sind im Weihnachtsurlaub erreichbar. Erreichbar! Nicht mal „arbeiten“. Nein. Erreichbar. Das klingt harmlos. Das klingt freundlich. Aber es ist der Einstieg. Erst erreichbar, dann antworten, dann „kurz etwas prüfen“, dann plötzlich Excel am Heiligabend.

Und dann gibt es diese mutigen Menschen – 54 Prozent – die sagen: „Ich schalte vollständig ab.“ Helden. Absolute Helden. Diese Menschen haben wahrscheinlich ihr Handy ausgeschaltet. Oder zumindest in einen anderen Raum gelegt. Vielleicht sogar in eine Schublade. Radikal.

Aber jetzt kommt der große Trend. Ein Trend, der zeigt, wie schlimm es einmal war. Vor der Pandemie – 2019 – waren 71 Prozent im Weihnachtsurlaub erreichbar. 71! Das ist kein Urlaub, das ist Homeoffice mit Kerzen.

2020 waren es noch 61 Prozent. Danach rund die Hälfte. Ein klarer Trend nach unten. Und ich sage: Das ist nicht Entspannung. Das ist Erschöpfung. Die Menschen sind nicht entspannter geworden – sie sind einfach müde.

Und trotzdem: Frauen reagieren häufiger. Warum? Gute Frage. Vielleicht, weil sie verantwortungsbewusster sind. Vielleicht, weil sie öfter das Gefühl haben, reagieren zu müssen. Vielleicht, weil sie wissen: Wenn sie nicht reagieren, tut es niemand. Oder noch schlimmer – ein Mann reagiert falsch. (Satire. Große Satire.)

Man sieht es überall. Frauen lesen E-Mails zwischen Gänsebraten und Geschenkpapier. Männer lesen Bedienungsanleitungen für neue Technik – und auch das nur widerwillig.

Die Umfrage sagt auch: Meist werden Kurznachrichten und E-Mails gelesen. Anrufe werden angenommen. Angenommen! An Weihnachten! Wer ruft an Weihnachten beruflich an? Diese Menschen sollten beobachtet werden. Sehr genau. Vielleicht vom BND. (Nur ein Vorschlag.)

Ich frage mich: Was ist das für eine Arbeitswelt, in der man selbst an Weihnachten denkt: „Vielleicht sollte ich kurz schauen.“ Kurz schauen ist der Anfang vom Ende. Kurz schauen wird nie kurz bleiben. Kurz schauen ist wie ein kleiner Schluck Glühwein – plötzlich sind es drei.

Und jetzt die wichtigste Erkenntnis: Männer reagieren seltener. Bedeutet das, Männer sind entspannter? Oder bedeutet es, sie haben einfach gelernt, ihr Handy besser zu ignorieren? Beides möglich. Sehr möglich.

Frauen hingegen reagieren öfter. Und dafür bekommen sie… nichts. Kein Dank. Kein Bonus. Kein zusätzlichen Keks. Nur das gute Gefühl, zuverlässig zu sein. Und das ist die schlechteste Bezahlung der Welt.

Ich sage: Wenn jemand im Weihnachtsurlaub arbeitet – auch nur per Nachricht – dann sollte es eine Ausgleichszahlung geben. Mindestens. Oder einen zusätzlichen Feiertag. Oder ein offizielles Zertifikat: „Ich habe an Weihnachten geantwortet.“

Die Pandemie hat gezeigt: Man kann auch mal nicht erreichbar sein. Die Welt geht nicht unter. Projekte überleben. Firmen überleben. Selbst Chefs überleben. Unglaublich, aber wahr.

Und trotzdem: Das Handy vibriert. Und vor allem Frauen greifen hin. Und ich sage: Das ist kein Zeichen von Schwäche. Das ist ein Zeichen davon, dass sie den Laden zusammenhalten – sogar mit Lametta in der Hand.

Make Weihnachten wieder still.
Make Abwesenheitsnotizen wieder mutig.
Und vor allem: Make Männer genauso erreichbar wie Frauen – oder beide gar nicht.